Donnerstag, 11. November 2010

Floh - Fluch - Politikum

Aktuell

Was haben Rinder, Mäuse, Schafe und Menschen gemeinsam? So einiges, aber für die Jiggers zählt nur eines: Leckeres warmes Blut. Jiggers/Chiggers sind Sandflöhe, die sich in die Haut ihres Wirtes eingraben, um dort Eier zu legen. Neben der schmerzhaften und nicht unkomplizierten Entfernung der Gelege durch eine kleine Operation, begünstigen die Tiere auch gefährliche Krankheiten wie Tetanus. In der Busoga Region in Uganda gibt es derzeit eine richtige Plage von diesen Parasiten. Der Großteil der Menschen wird befallen, während sie barfuß laufen - da sich die Quälgeister mit Vorliebe zwischen den Zehen einnisten. 

Bei Rose Matama, 72, (Quelle: Observer) ist das anders. Sie wurde nicht befallen, weil sie keine Schuhe trägt. In ihrem Haus sind die Jiggers einfach überall. "Seit meiner Kindheit habe ich noch nie von solch einem Jigger-Angriff gehört", sagt sie. Der Befall ist so schlimm, dass sie niemand besucht - bis auf ihren Sohn, aber auch nur damit er ihr etwas zu essen bringen kann. Ihre Freunde meiden ihr Haus, aus dem Aberglauben, sie sei von einem Fluch befallen. Doch nicht nur sie glauben fest daran, auch die alte Frau ist der festen Überzeugung, dass sie von ihren Nachbarn verhext wurde. Der Glaube daran ist so stark, dass sie sich keine Hilfe holt - sich nicht einmal für andere Möglichkeiten interessiert. Von einer nahe gelegenen Praxis, die sich auf die Behandlung solcher Fälle spezialisiert hat, weiß sie nichts. Doch sie ist nicht die Einzige, die derart unter der Plage zu leiden hat.

In der Vorwahlzeit ist das natürlich ein gefundenes Fressen für jeden Politiker. Und schon gibt es erste Schuldzuweisungen: Es sei der Bezirksbürgermeister, der zu wenig aufgeklärt habe. Die Bevölkerung, die keine Hilfe annehmen wolle und sich in Aberglauben flüchte. Oder Ugandas Parlamentarier, die die Region vernachlässigt hätten... Flucht vor Verantwortung und Schuldzuweisungen findet man wohl in jeder Kultur.


Bilder des Tages
Schein und Sein..: ... das sind in Uganda oftmals zwei unterschiedliche Dinge. Auf das Erscheinungsbild wird in diesem Land unglaublich viel wert gelegt - so viel, dass Menschen mit den feinsten Stoffhosen und den saubersten Hemden unter dem schlimmsten Hunger leiden können. Die Würde durch das Erscheinungsbild wahren als letzte Bastion gegen Ausgrenzung. Dabei gibt es einen strikten Dresscode: Auf der Arbeit und tagsüber in der Stadt sollte man als Frau kurze Röcke (über dem Knie) meiden. Außerdem ist der Büro-Chic gefragt. Hier sieht man unsere Freiwillige Sylvia, die selbst zum Müll verbrennen ihre besten Sachen trägt. Männer sollten ebenfalls in Hemd und Stoffhose gekleidet sein. In der Kirche tragen Frau und Mann eh nur Sonntagskleider - aber Frau sollte, wenn möglich, in Rock oder Kleid (natürlich nicht zu kurz) erscheinen. Am Abend steht man jedoch "allein im Club" (so unser URCS Coordinator), wenn die Klamotten nicht eng und nicht  kurz genug sind ...

Meinungsfreiheit: Es gibt sie. Wenn auch nur begrenzt, denn ein kritisches Buch über den Präsidenten wurde vor kurzem verboten.